7. Tagung zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement in Mannheim mit Experten aus Wissenschaft und Unternehmen

7. Tagung zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement in Mannheim mit Experten aus Wissenschaft und Unternehmen

Erstellt am: 06.11.2018

Johnen: „Nachwuchsmangel, älter werdende Belegschaften – betriebliche Gesundheitsförderung wird immer wichtiger“MANNHEIM – Nachwuchsmangel und älter werdende Belegschaften machen betriebliche Gesundheitsförderung immer wichtiger. Bei der 7. "Tagung Betriebliches Gesundheitsmanagement" (BGM) in der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit in Mannheim freute sich Norbert Johnen, Geschäftsführer der Bezirksgruppen Rhein-Neckar des Arbeitgeberverbands Südwestmetall und des Unternehmensverbands Südwest, die die Tagung veranstalteten, über einen gelungenen Mix von Referenten aus Wissenschaft und Praxis. Unter verschiedenen Blickwinkeln gingen sie der Frage nach: Wie kann es gelingen, von einzelnen Maßnahmen zu einem nachhaltigen BGM zu kommen?

BGM-Experten aus Wissenschaft und Praxis: aktuelle Trends und Erkenntnisse
 

Sportmediziner Dr. med. Dirk Lümkemann, padoc – health & productivity management, ein bundesweit tätiges Beratungsunternehmen für BGM in Hamburg, richtete seinen Fokus auf die Mitarbeitenden. Die sechs größten Gesundheitsrisiken in Deutschland bestehen durchweg aus Gefahren, die die Mitarbeitenden selbst bewältigen müssen. So bewegen sich 80 Prozent der Menschen zu wenig, 60 Prozent sind übergewichtig, 90 Prozent essen zu wenig Obst und Gemüse. Nur acht bis zehn Prozent leiden tatsächlich unter Stress. Die Verantwortung für die Gesundheit eines Menschen liege nicht nur beim Unternehmen, sondern auch bei den Mitarbeitenden selbst. Das Bewusstsein für die eigene Verantwortung fehle aber oft und vollständig, so Lümkemanns Beobachtung. Unternehmen sollten daher nicht nur den Prozess des BGM im Auge haben, sondern das Verhalten ihrer Mitarbeiter. Zahlreiche, nicht aufeinander abgestimmte Einzelmaßnahmen wie ein Obstkorb plus ein Vortrag über Rückengesundheit plus Betriebssport seien gut gemeint, aber wenig zielführend. Es gehe vielmehr darum, die Mitarbeitenden zur Übernahme von mehr Verantwortung für die eigene Gesundheit zu bewegen.

 

"Ein erfolgreiches BGM braucht maßgeschneiderte Lösungen", so die Überzeugung von Anja Schelling-Lembke von der Hugo Boss AG in Metzingen. Nur mit solchen Ansätzen sei Akzeptanz bei den Mitarbeitenden zu erreichen. Ein Unternehmen wie Hugo Boss mit einer überaus heterogenen Belegschaftsstruktur brauche Maßnahmen, die auf die sehr unterschiedlichen Anforderungen im kaufmännischen, gewerblichen oder Retail-Bereich zugeschnitten sind. Das Unternehmen bietet ein jeweils maßgeschneidertes Paket von Gesundheitsaktionen – von der Smoothie-Verkostung über Workshops bis hin zum individuellen Gesundheitscoaching und der Kooperation mit Fitnessstudios – und konzipiert derzeit eine eigene Gesundheits-App. Bei Boss ist das Thema Gesundheit fest in der Ausbildung verankert – so hat das Unternehmen einen "Azubi-Gesundheitspass" entwickelt. Verpflichtende und freiwillige Veranstaltungen sollen die jungen Leute in den Bereichen Ernährung, Bewegung und Entspannung fit machen. Für die unterschiedlichen Einsatzbereiche der Azubis stehen individuell zusammensetzbare Module zur Verfügung, wie zum Beispiel "Richtiges Heben und Tragen" für Azubis in der Logistik.

 

Die TE Connectivity Germany GmbH in Speyer setzt auf betriebsinterne Gesundheitsbotschafter. HR-Manager Andreas Gropp erläuterte gemeinsam mit Dr. Norbert Lenartz vom Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft e. V. (biwe), was die an der biwe-Akademie ausgebildeten Gesundheitsbotschafter tun können und wie man ihre Rolle im betrieblichen Alltag verankert. Die Gesundheitsbotschafter sind Ansprechpartner für Kollegen und Führungskräfte, fungieren als Multiplikator für Aktivitäten und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitspolitik und sind Themen- und Ideengeber für das BGM. Wichtig ist, dass sie von der Unternehmensleitung aus entsprechende Unterstützung bekommen, um ihre Rolle kompetent ausfüllen zu können. Drei Perspektiven sind für ihre Arbeit besonders wichtig: der Blick auf die Arbeit (Belastungen und Gesundheitschancen), der Blick auf den Menschen (Fehlbeanspruchungen und Gesundheitsverhalten) und der Blick auf die Folgen (Symptome und Krankheitszeichen).

 

Den "Rollen der Betriebsärzte in einem systematischen BGM" widmete sich der Vortrag von Dr. med. Karl-Heinz Tiedemann, Gesellschaft für Arbeitsmedizin mbH, Mutlangen. Die "Entwicklung eines Kennzahlensystems für das Betriebliche Eingliederungsmanagement" war das Thema von Prof. Dr. Kerstin Rieder von der Hochschule Aalen, Studienbereich Gesundheitsmanagement.

 

Auch Dipl.-Psych. Cornelia Schneider, GGW Gesellschaft für Gesundheitspflege und Weiterbildung, Homburg/Saar, setzte beim Menschen an: In den Bereichen Bewegung, Ernährung und seelische Ausgeglichenheit können Mitarbeitende sofort selbst aktiv werden, doch bei Problemen am Arbeitsplatz oder im sozialen Umfeld braucht es die Unterstützung seitens des Arbeitgebers, Chefs und vom Team. Kein Fitnessstudio und auch kein Yoga-Kurs sind aus ihrer Sicht hilfreich, wenn Mitarbeitende unter mangelnder Wertschätzung, schlechter Kommunikation bzw. Arbeitsorganisation oder für sie nicht nachvollziehbaren Änderungen in der Organisationsstruktur leiden. Die Referentin erläuterte die sieben wichtigsten Schritte, wie ein BGM zum Erfolg wird.

 

Gern genutzt wurde bei der Tagung das Angebot der AOK Rhein-Neckar-Odenwald – hier galt es, die Pausen aktiv mit neuesten Methoden der Fitness- und Gesundheitsdiagnostik zu gestalten.

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